Sport und Bewegung in Biebertal – zukunftsfähig und nachhaltig gestalten

Ein Gastbeitrag von Rolf Strojec (BouleBiebertal e.V.) mit Thesen für den IKEK-Prozess in Biebertal

Beispiel einer regelkonforme Sportanlage – Foto: C. Haus, FSG Biebertal Facebook

Für bestehende sog. „regelkonforme Sportanlagen“ (Sportplätze, Sport-und Turnhallen) scheint der Bedarf gedeckt.
Angesichts des Nutzungsrückgangs bzw. Brachliegens bedeutender Flächen (Sportplatz Vetzberg, Krumbach, Sportplatz Bürgerhaus Bieber, Fläche im Fellingshauser Grund – Festplatz) wird sich ein überwiegender Teil von Maßnahmen im klassischen Sportstättenbereich im Bestand abspielen:
Umnutzung und Modernisierung dürften künftig hier die Hauptrolle spielen.
Insgesamt wird sich das Spektrum von Sportanlagen ausdifferenzieren und zu einer größeren Typenvielfalt führen. Sowohl Sportanlagen mit relativ einfachem Standard, wie offen zugängliche Räume für spontanes Sporttreiben, als auch gut ausgestattete Räume mit hoher Aufenthaltsqualität, wie für Fitness-Angebote und den Sport der Älteren, werden zukünftig einen hohen Stellenwert haben.
Neben dem unverzichtbaren Vereinssport werden weitere Akteure – auch in nicht traditionell organisierten Gruppierungen – ein bewegungsfreundliches Biebertal mitgestalten müssen: Gemeinde, Planer, Architekten, Anwohner in Wohnquartieren etc..

Bewegungsräume, orientiert am Bedarf – Foto: KSG Bieber


Zu einer nachhaltigen Sportstättenentwicklung gehört auch eine am Bedarf orientierte Dimensionierung.
Einen bemerkenswerten Bedeutungszuwachs erleben derzeit die kleineren Sporthallen und Sporträume.
Lange Jahre war die Einhaltung der in unseren Normen vorgeschriebenen Mindestabmessungen (mind. 15x27m-Halle) sozusagen obligatorisch. Heute erkennt man zunehmend, dass steigender Bedarf gerade an kleineren Sporträumen besteht.
Aktivitäten, die nicht auf Hallen mit Abmessungen für Ballsportarten angewiesen sind, werden immer wichtiger.
Dies zeigen schon die überproportionalen Zuwachsraten bei den kleineren Kindern und bei den Senioren in den Mitgliederstatistiken der Sportvereine. Beispiele für Aktivitäten, für die sich kleinere Räume gut eignen sind Aerobic, Jazz-Dance, Yoga und ähnliches, Seniorengymnastik, Mutter-Kind-Turnen, Gesundheits-und Rehabilitations-Sport und vieles andere mehr. – Die voll ausgelasteten Bewegungsräume im kommerziellen Bereich in Heuchelheim und Krofdorf unterstreichen diesen Trend.
Man kann ohne Übertreibung sagen, dass etwa Rückenschule oder Seniorensport in einer Dreifach-Sporthalle fehl am Platze sind. Die Hallen sind dafür zu teuer und wahrscheinlich auch zu ungemütlich.
Kleinere Räume können zudem viel eher in die Wohnquartiere integriert werden und sind für das Konzept eines „Sports der kurzen Wege“ besonders geeignet.
Der zusätzliche Bedarf an kleineren Sporträumen in Biebertal sollte ermittelt werden, ebenso wie recycelbare Gebäude und Flächen für diesen Bewegungsbedarf.

Individialverkehr an Sportstätten, hier Sportplatz Fellingshausen – Foto: Alfons Lindemann


In der Regel unbeabsichtigt aber deutlich wahrnehmbar wurden die Funktionen Wohnen und Bewegung immer mehr getrennt. Sportanlagen wurden häufig an den Schulstandorten oder außerhalb errichtet, da, wo Grund und Boden billig war, nicht da, wo die Benutzer wohnen. Freizeit und auch sportliche Freizeitbetätigungen sind heute mit immer mehr Individualverkehr verbunden. Sport wird so generell zum Motorsport. Der Anteil sportbezogener Mobilität am gesamten Individualverkehr beträgt inzwischen schätzungsweise 12 bis 15Prozent. Ein Teil dieser Mobilität ist erzwungen und geht auf fehlende Angebote in den Wohngebieten zurück.
Speziell bei Neubaugebieten (z.B. Fellingshausen) sollten diese alten Fehler nicht mehr gemacht werden.
Das Leitbild eines „Sports der kurzen Wege“ dagegen beschreibt eine Situation, in der Angebote für das sozusagen alltägliche Bedürfnis nach Sport, Spiel und Bewegung in Wohnungsnähe verfügbar und leicht zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar sind.
Dafür hat sich der Begriff „Sportgelegenheiten“ durchgesetzt , das heißt es geht um behutsam modellierte Freiflächen bis hin zu kleinen Sportanlagen wie Bolzplätzen oder Feldern für Basketball oder Volleyball, Kaltlufthallen, modellierte Rad- oder Skate-Anlagen ohne Betreuung und ohne Funktionsgebäude.
Die ersten Auswertungen der Biebertaler Jugendbefragung verweisen schon auf das Bedürfnis nach einem solchen Ort des Treffens und Bewegens für diese Zielgruppe. Ähnlich sollten Orte für kleine Sportparks und Mehrgenerationen-Angebote gesucht werden.

Tai Chi im Gail´schen Park – Foto: Klaus Pokorny

Auch die Aufwertung von bisher funktionslosen Grünflächen und Freiräumen (z.B. rund um Rathaus und Bürgerhaus Rodheim) als Ort des allgemeinen Treffens, Begegnens und Bewegens könnte zu einer Belebung und Aufwertung der Ortsmitte beitragen.
Unverzichtbar für die Integration von Alltagsmotorik ins Wohnumfeld ist ein örtlich/überörtliches Radwege-Konzept, das sich nicht damit zufrieden gibt, was der Autoverkehr übrig lässt.
Örtlich sind Rad-Hauptverbindungsachsen zwischen Ortsteilen, Schulen, Verwaltung, Versorgung mit farblicher Markierung und Vorrang im Asphalt auszuweisen(die bestehende Radwegeplanung erfüllt diese Kriterien nicht). Überörtlich ist eine schnelle, sichere, abgegrenzte und gefahrlose Radverbindung für Schulkinder und Erwachsene ins Mittelzentrum Gießen nach den bestehenden hessischen Rad-Qualitätskriterien zu gewährleisten. Die bisherige Radwegeführung (speziell durch Heuchelheim) wäre in den Niederlanden strafbewehrt!
Darüber hinaus ist der ganze Bereich des bewegungsorientierten Spielens für jüngere Kinder auf den bestehenden Spielplätzen einzubeziehen.

Bioökonomie: Fotooriginal: Rex banditor – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=64082869

Einen weiteren Aspekt bildet die Umweltverträglichkeit der Materialien im Sportstättenbau, aber auch die Energie-Effizienz und das Einsparpotential durch Öko-Checks, Photovoltaik in den Sporthallen , Funktionsanlagen und Bürgerhäusern. Dies muss stärker berücksichtigt werden.
Es betrifft neben ihren unmittelbaren Auswirkungen – etwa auf die Gesundheit der Nutzer – wie den gesamten Lebenszyklus von der Gewinnung über Transport und Verarbeitung, Einbau, Betrieb, bis hin zu Abriss und Beseitigung. Gleichzeitig müssen umweltverträgliche Lösungen für moderne Spielfelder gefunden werden, die den Ansprüchen der Sportvereine genügen.

Zielzentriert – Foto: Anne Geller

Neben solchen fachlichen Überlegungen gibt es sicherlich eine Fülle von Ideen, die jetzt und auch später einzubringen sein werden. Einige wenige Projektvorschläge werden diesmal den Weg in die Beantragung zur IKEK-Förderung im Rahmen der Dorfentwicklung schaffen. Hier meine persönliche, bisherige Hitliste:

1. Freizeit-und Sportpark für jung und alt auf ungenutztem Platz in Gemeindemitte
2.Jugend-Rad –und Bewegungstreff (evtl. in 1 integrierbar)
3.Radwegekonzept Biebertal-Gießen gemäß hessischen Qualitätskriterien
4.Bedarfsermittlung und Umbau für kleinere Sporträume
5.Aufwertung Grünfläche Bürgerhaus Rodheim als Treff zum Begegnen und Bewegen